TIP-Award-Gewinner*innen 2022 beschäftigen sich mit Verzerrungen in Bibliothekskatalogen

Inga Albrecht, Paulina Triesch, Torge Plückhahn und Daniel Klein (v.l.)

Im Rahmen unseres Masterstudiengangs „Digitale Transformation der Informations- und Medienbranche“ an der HAW Hamburg hat unsere vierköpfige Projektgruppe um Inga Albrecht, Daniel Klein, Torge Plückhahn und Paulina Triesch unter der Leitung von Prof. Dr. Lewandowski mögliche Verzerrungen im online Bibliothekskatalog der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (SUB) untersucht. Das Praxisprojekt wurde in Kooperation mit der SUB im Zeitraum von Dezember 2021 bis Februar 2022 durchgeführt.

Bibliotheken verwenden Suchmaschinen, um den Nutzenden ein schnelles Erforschen des gesamten Datenbestandes zu ermöglichen. Dabei soll die Suchmaschine alle potenziell relevanten Ergebnisse in eine sinnvolle Reihenfolge bringen. Bekannte Web-Suchmaschinen, wie Google und Yahoo, erheben den Anspruch neutral und objektiv zu sein. Bibliothekssuchmaschinen tun es ihnen gleich und erwecken sogar den Anschein noch vertrauenswürdiger zu sein. Bibliothekskataloge genießen ein gewisses Vertrauen von den Nutzenden, da sie als Teil einer neutralen Einrichtung ebenfalls mit Neutralität assoziiert werden.

Allerdings ist eine neutrale Suchmaschine des oft verwendeten Relevanz-Rankings beinahe unmöglich, sodass die reale Auflistung der Suchergebnisse häufig vom Ideal abweicht. In diesem Fall wird von einer Verzerrung gesprochen. Für Bibliothekssuchmaschinen liegt bislang kaum Forschung zu verzerrten Suchergebnissen vor. Daher haben wir den Online-Bibliothekskatalog der SUB, den Katalogplus, in einem quantitativen Forschungsprojekt nach systembasierten Verzerrungen im Ranking untersucht.

Der Katalogplus beinhaltet die Bestände mehrerer Bibliotheken Hamburgs und insgesamt einen Datenbestand von über 100 Millionen Exemplaren. Für die Untersuchung wurden anhand einer vorhergehende Literaturanalyse sieben Hypothesen aufgestellt:

H1: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht der Autor:innen und der Ranking-Position.

H2: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Verlagsgröße und der Ranking-Position.

H3: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Sprache eines Werks und der Ranking-Position.

H4: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Basisklassifikation und der Ranking-Position.

H5: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Standort und der Ranking-Position.

H6: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Medienart und der Ranking-Position.

H7: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Erscheinungsjahr und der Ranking-Position.

Die möglichen Verzerrungen im Relevanz-Ranking des Katalogplus wurden anhand einer quantitativen Datenanalyse untersucht, in der verschiedene statistische Auswertungsverfahren angewendet wurden.

Nach Abschluss der Auswertung konnten im Ranking des Katalogplus Verzerrungen hinsichtlich Geschlecht, Sprache, Forschungsgebiet, Standort, Medienart und Erscheinungsjahr gefunden werden. Die verschiedenen Ausprägungen dieser Variablen waren in den Top-Ranking-Positionen des Katalogplus entweder signifikant über- oder unterrepräsentiert. Daher zeigt die Studie, dass es sinnvoll ist, die Suchergebnisse von Ranking-Algorithmen in Bibliothekskatalogen zu untersuchen. Trotz des entgegengebrachten Vertrauens in Bibliothekssystemen können diese, genauso wie herkömmliche Suchmaschinen, ein nach bestimmten Merkmalen verzerrtes Ranking ausgeben.

Bei der anschließenden Diskussion der Ergebnisse hat sich herausgestellt, dass viele Verzerrungen für die SUB unerwartet waren. So konnten Handlungsempfehlungen aufgestellt werden, um den Entwickelnden des Katalogplus nun einen neuen Ansatz zur Optimierung des Bibliothekskatalog zu geben. Darüber hinaus ergaben sich weitere Forschungsansätze für zukünftige Untersuchungen.

Sehr zu unserer Freude wurde das Praxisprojekt von der Fachzeitschrift b.i.t.online, Schweitzer Fachinformationen und der Konferenz der informations- und bibliothekswissenschaftlichen Ausbildungs- und Studiengänge (KIBA), Sektion 7 des dbv und Ausbildungskommission der Deutschen Gesellschaft für Information und Wissen e.V. als eines von drei studentischen Forschungsprojekten mit dem TIP-Award 2022 ausgezeichnet. Neben einem Preisgeld wurden wir zum 8. Bibliothekskongress in Leipzig eingeladen, wo wir der Jury und interessierten Gästen unser Projekt präsentieren durften und den Award verliehen bekamen. Dank eines Reisekostenzuschusses konnten wir so zwei Tage in Leipzig verbringen, die uns sehr viel Freude bereitet haben. Wir bedanken und für die tolle Erfahrung und hoffen mit unserem Praxisprojekt einen kleinen Beitrag zur Forschung im Bibliothekskosmos geliefert zu haben.

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